Regelmäßig werden Verstorbene vor ihrem Tod von Angehörigen gepflegt und betreut. Seit der großen Erbrechtsreform 2015 steht Angehörigen, die Pflegeleistungen erbringen, ein Abgeltungsanspruch zu. Dieser Anspruch wird als Pflegevermächtnis bezeichnet. Dieser Begriff bezeichnet aber keine Zuwendung des Verstorbenen, sondern einen gesetzlichen Anspruch. Dieser steht nicht nur den engeren Familienangehörigen, sondern allen gesetzlichen Erben, also auch Eltern, Geschwistern, Großeltern, Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen des Verstorbenen und deren Ehegatten, darüber hinaus aber auch Lebensgefährten des Verstorbenen und dessen Kindern zu. Es kommt daher ein großer Kreis an anspruchsberechtigten Personen in Betracht.
Der Anspruch gilt rückwirkend für drei Jahre ab dem Tod des Verstorbenen und setzt voraus, dass es sich nicht um ein bloß geringfügiges Ausmaß der Pflege gehandelt hat und die Pflegeleistungen mindestens für die Dauer von sechs Monaten erbracht wurden. Als Richtschnur für eine relevante Pflege gilt ein erbrachter monatlicher Pflegeaufwand von mehr als 20 Stunden. Dies ist ein relativ geringer Zeitaufwand, da im Vergleich dazu das staatliche Pflegegeld der Stufe 1 erst bei einem monatlichen Pflegebedarf von 65 Stunden monatlich gewährt wird. Die Höhe des Anspruches richtet sich nach Art, Dauer und Umfang der Leistungen, wobei hier wiederum die für die Gewährung des Pflegegeldes bzw. die Höhe des Pfleggeldes maßgeblichen Kriterien herangezogen werden können. Als gesetzlicher Anspruch muss das Pflegevermächtnis aber aktiv im Verlassenschaftsverfahren geltend gemacht und entsprechend beziffert werden. Dieser Anspruch ist dann vom zuständigen Notar im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens zu berücksichtigen und hat er auf eine einvernehmliche Regelung hinzuwirken.
Bitte beachten Sie, dass das Pflegevermächtnis dann nicht zusteht, wenn die Pflegeperson eine entsprechende Zuwendung bereits vorab erhalten hat.
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Mag. Hannes Gabriel, Ihr Rechtsanwalt in Seeboden